Die clearvise AG, unabhängiger Stromproduzent mit erneuerbaren Energien in Europa, hat vom 24. November bis 5. Dezember eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten im Rahmen eines internationalen Private Placement durchgeführt. Mit dem frischen Kapital will das Unternehmen sein Portfolio an Erneuerbare-Energien-Anlagen erweitern.
Murphy&Spitz hat mit Petra Leue-Bahns, CEO der clearvise AG, über das Konzept der clearvise AG, ihre Visionen und Perspektiven gesprochen.
Murphy&Spitz: Frau Leue-Bahns, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, ein paar Fragen für unsere Anlegerinnen und Anleger zu beantworten. Können Sie bitte zunächst das Geschäftsmodell der clearvise AG kurz beschreiben?
Petra Leue-Bahns: Die clearvise positioniert sich als unabhängiger Stromproduzent auf dem Markt für erneuerbare Energien. Als Nischenspezialist fokussieren wir uns auf Wind-Onshore- und PV-Anlagen in Europa mit Fokus auf Projekten in der Größenordnung von 5 bis 50 Megawatt. Mit unserer Wachstumsinitiative clearSCALE 2025 beabsichtigen wir, bis zum Jahr 2025 das Portfolio auf 750 MW operativ und 250 MW gesicherte Pipeline, d.h. 1 Gigawatt auszubauen. Aktuell besteht das etablierte Beteiligungsportfolio aus Wind- und Solarparks in Deutschland, Frankreich, Irland und Finnland sowie einer Biogasanlage. Mit einer operativen Kapazität von derzeit rund 303 MW produzieren wir grünen Strom und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende.
Petra Leue-Bahns: Der von Ihnen angesprochene geplante Erwerb des Tion-Portfolios ist einer von mehreren Bausteinen, die zur erfolgreichen Umsetzung unserer Wachstumsinitiative clearSCALE 2025 beitragen sollen. Unser Portfolio würde damit signifikant auf einen Schlag von 303 MW auf über 462 MW anwachsen und uns aufgrund der Größe dann besseren Zugang zu alternativen Finanzierungsinstrumenten wie Green Bonds ermöglichen. Darüber hinaus haben wir auch verschiedene andere attraktive Projekte im Visier, die den weiteren Portfolioausbau unterstützen könnten. Die Investitionen in weiteres Wachstum schaffen zugleich auch Mehrwert für unsere Aktionärinnen und Aktionäre, die am Wachstumskurs der clearvise partizipieren.
Murphy&Spitz: Auf den ersten Blick wirkt der Bezugspreis von EUR 2,10 je Neuer Aktie gering. Warum wurde trotz der sehr positiven operativen Entwicklung und der positiven Entwicklung der Aktie der clearvise AG im Jahr 2022 ein Bezugspreis auf dem Niveau der letzten Kapitalerhöhung zum Anfang des Jahres gewählt?
Petra Leue-Bahns: Die Preisfindung erfolgte im Rahmen der üblichen Vorgehensweise bei einer Kapitalerhöhung und war vor dem Hintergrund der durch den Ukraine-Krieg doch recht nervösen Aktienmärkten nicht leicht. Nach sorgfältiger Abwägung haben wir einen Bezugspreis von 2,10 Euro definiert. Insgesamt stellt das Bezugsangebot ein attraktives Angebot dar für Bestandsaktionäre und neue Investoren, um sich am Wachstumspfad der clearvise zu beteiligen.
Murphy&Spitz: Im Gegensatz zu vergangen Kapitalerhöhungen wird den Altaktionär*innen bei der aktuellen Maßnahme das Bezugsrecht gewährt und es wird ein Bezugsrechtshandel stattfinden. Was hat Sie dazu bewogen, die Kapitalerhöhung mit diesen sehr aktionär*innenfreundlichen Eigenschaften durchzuführen?
Petra Leue-Bahns: Uns ist es grundsätzlich ein Anliegen, dass unsere Bestandsaktionäre, die zum Teil seit der ersten Stunde unser Unternehmen begleiten, auch weiterhin am Wachstum der clearvise partizipieren können. Die Bezugsrechtskapitalerhöhung bietet unseren Aktionären genau diese Möglichkeit und somit die Chance, durch Ausübung Ihrer Bezugsrechte neue Aktien zu erwerben und damit nicht verwässert zu werden. Im Rahmen der strategischen Unternehmensentwicklung wägen wir unsere Optionen zur weiteren Unternehmensfinanzierung daher immer sehr genau ab. Wir freuen uns sehr, dass rund 88 % der Bezugsrechte ausgeübt wurden. Die anschließende Privatplatzierung mit einer verbleibenden Höhe von rund 3 Mio. bei institutionellen Investoren war ebenfalls stark nachgefragt und deutlich überzeichnet.
Murphy&Spitz: Aktuell wird in der gesamten Erneuerbaren Energien Branche viel und kontrovers über die geplante Abschöpfung von „Zufallserlösen“ diskutiert. Wie schätzen Sie die geplante Maßnahme und insbesondere den Einfluss auf Betreiber*innen von Erneuerbare-Energien-Anlagen wie die clearvise AG ein?
Die geplante Abschöpfung von „Zufallserlösen“ ist für die Branche sicherlich ein Thema. Gleichwohl ist diesbezüglich noch vieles unklar, da die EU-Verordnung noch viel Spielraum in der Umsetzung für die einzelnen Mitgliedsstaaten lässt. Wir erwarten nach aktuellem Stand, dass die Thematik auf die Geschäftsentwicklung der clearvise keinen nennenswerten Einfluss haben wird. Dies spiegelt auch unsere jüngste Prognoseanpassung vom 17. Oktober wider, mit der wir unsere Umsatz- und Ergebnisprognose für das Jahr 2022 auf Basis der vereinnahmten Erlöse per 31. Aug. 2022, und vorwärts blickend nur gesicherte Tarife bzw. PPA Verträge berücksichtigend, nochmals angehoben haben. Die aktuellen Gesetzesentwürfe ermöglichen dennoch auch in Zukunft auskömmliche Chancen, an der Entwicklung der Strompreise zu profitieren. Der Betrieb von Erneuerbaren Energien ist nach wie vor wirtschaftlich attraktiv und für Mensch und Umwelt unverzichtbar. Jetzt umso mehr, weil wir zur Reduzierung der Abhängigkeit von Energieimporten beitragen. Für unsere französischen und irischen Anlagen stellt sich übrigens die Frage nach „Zufallserlösen“ nicht. In diesen Ländern profitieren unter den Tarifsystemen die Anlagen während der Tariflaufzeit nicht von möglicherweise höheren Strompreisen. Jedoch sind hier die Tarif indexiert, weshalb wir uns auch hier über gute Einnahmen freuen.
Murphy&Spitz: Frau Leue-Bahns, wir danken Ihnen für das Gespräch!